Kunstinitiative:
Ein Kultur-Signal für die Region
Künstlergruppen - personell kleine oder größere - gab es schon immer.
Zumindest seitdem die bildende Kunst in den gesellschaftlichen und bildungspolitischen Fokus in Europa rückte.
Die Gruppierungen verfolgten in den Ländern sowie in den jeweiligen Epochen und Phasen unterschiedliche Ziele:
Solidarität und Unterstützung untereinander, Bündelung gemeinsamer Interessen, Ausstellungsaktivitäten,
überregionaler oder gar internationaler Impuls, intern diskutierte Qualitätssicherung oder sogar jurierte Auswahl,
stilistische Ausrichtung, kollektive Förderung für Tradition oder eben auch Engagement für die Avantgarde,
terminliche Absprachen, kulturpolitische Signalwirkung, Wechselwirkung von Kunst und Kommunikation.
Fast alle dieser potentiellen Interessenlagen tauchen auf bei der aktuellen Neugründung der Gelsenkirchener
Künstlerinitiative „Kunst in der City“. Die 15 namhaften und durchaus schon arrivierten Mitglieder aus der Ruhr-Region sind:
Christoph Woloszyn (Fotografie, Themenprojekte)
Herbert Daniel (posthum: Zeichnung, Karikatur, Aquarellmalerei)
Jenny Canales (Malerei, Lyrik, Reisereportagen)
Angela Polowinski (Malerei, Zeichnung, Kunsttherapie)
Achim Wagner (Skulptur, Bildhauerei)
Roswitha Gehrke-Lajovita (Malerei, Grafik)
Sieglinde Köpsell (Malerei, Grafik, Buchillustration)
Harald Daft (Fotografie)
Horst Schielmann (Fotografie, Zeichnung, Lichtobjekt, Reiseimpressionen)
Wolfgang Benecken (Malerei)
Marion Falkowski (Fotografie)
Edith Suchodrew (Malerei, Zeichnung, Buchillustration)
Renate Westermann (Fotografie, Malerei)
Heike Kreitschmann (Grafik-Design, Zeichnung, Lyrik)
Jürgen Behfeld (Malerei, Zeichnung)
Sie sind zusammen angetreten, um der Kunst im Revier einen Schub zu geben, um ihr (und sich selbst) einen Platz
in der kulturellen Landschaft zwischen Duisburg und Hagen zu sichern, um aus der Anonymität der Atelierarbeit herauszutreten. Also: ein kulturelles Signal für die individuelle Kreativität in der „Metropole Ruhr“. Alle Mitglieder sind daran interessiert, die künstlerische Kraft in der Städtelandschaft zu dokumentieren und daran mitzuarbeiten, der Kunst einen neuen, wichtigen Stellenwert im Gesamtpotenzial zu sichern. Um gemeinsam Aufmerksamkeit zu erzielen.
Kunst ist ein Prozess, ein Wandel, ein Zeichen der Veränderung, oft verbunden mit einem Bewusstseinswandel und einem Perspektivwechsel. Weil Stillstand ein Rückschritt ist. Weil die Welt sich ändert. Weil die Aufgabenstellung jeweils neue Anforderung bedeutet. Weil Kunst sich einmischen muss, um wahrgenommen zu werden. Von Behfeld bis Suchodrew, von Canales bis Woloszyn, von Benecken bis Wagner – alle „Initiatoren“ sind zugleich Mediatoren und Kommunikatoren für Stadt und Region, für einen farbig-vitalen Dialog zwischen Intimität und Öffentlichkeit.
Künstler haben etwas zu sagen, warten mit subjektiven Botschaften auf, vertreten ästhetische Fragen, regen das Nachdenken an. Jede(r) für sich, zusammen in der Gruppe.
Über das rein künstlerische Programm hinaus stehen die Maler, Fotografen, Bildhauer, Designer, Lyriker und Erzähler für ein humanistisches Prinzip: für Toleranz und Dynamik, für Offenheit und Neubesinnung, für Wertevermittlung und Geist. Die Einbeziehung auch anderer Kultur-Sparten wie Musik, Philosophie, Film, Architektur, Theater beispielsweise zählt mit zum (Selbst-)Verständnis dieser auf Gegenwart und Zukunft gerichteten Initiative. Schon nach relativ kurzer Zeit hat diese Gruppe befreundete Standorte sichern können: Neben Gelsenkirchen
(Galerie „Kunst in der City“) sind es Mülheim (historisches Haus „Fünte“), Münster-Angelmodde (Kunsthaus) sowie Treffpunkte in Wattenscheid und Bochum-Langendreer.
Lokale oder regionale Besonderheiten und Akzente werden dabei berücksichtigt und gern in den Mittelpunkt gerückt.
Man zeigt sich flexibel und dialogbereit, wenn sich das zentrale Thema - die bildende Kunst in der Gegenwart – jeweils unterstreichen und erweitern lässt. Man ist gut aufgestellt, ambitioniert und gewillt, der Kunst neue Chancen und neue Aufgaben einzuräumen. Ganz konkret und praktisch, aber auch durch geistige Übereinstimmung und Zielsetzung. Da kann sich noch einiges entwickeln. Die freie Kunstinitiative wird projektbezogen arbeiten – und hat dies bereits bewiesen. Ohne ideologische oder dogmatische Vorgaben wollen sich diese Künstlerinnen und Künstler für ein enges Verhältnis von visueller, psychischer und physischer Neubesinnung und dem allgemeinen kulturellen Vermächtnis engagieren.
Da ist noch einiges zu erwarten. Kunst bedeutet, sich einzubringen in ein großes Gesamtes. Und dabei das individuelle Profil nicht aus den Augen zu verlieren, sogar noch zu schärfen: ein spannendes Thema, eine anregende Zukunft. Vielleicht sogar eine aufregende für alle Seiten.
Wer alles dabei ist, was geplant wird, welche Stile dominieren, wie sich Schwerpunkte
entwickeln – das kann man auf den Katalogseiten der Künstlerinitiative sehen und lesen!
Jörg Loskill (Kunsthistoriker, Kunstwissenschaftler und Buchautor)